Ultimativer Luxus: Singers Porsche 964 für die Elite (2024)

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Hochpreisige Handwerkskunst: Singers Porsche 964 für die Elite

Ultimativer Luxus: Singers Porsche 964 für die Elite (1)

von

Thomas Geiger

23. März 2024

Von außen ist es nur eine unscheinbare Halle, einen Steinwurf entfernt vom Flughafen Los An­geles. Doch wer es hinter die großen, gut gesicherten Rolltore schafft, der kommt aus dem Staunen kaum mehr heraus. Erst recht, wenn er sein Herz an den

Porsche

911 im Allgemei­nen und die Baureihe 964 im Besonderen verloren hat. Denn hier in unmittelbarer Nachbar­schaft von Zukunftsgestaltern wie

Tesla

oder

Fisker

lebt auch die glorreiche Vergangenheit, und es stehen mehr alte Elfer unter einem Dach als vielleicht sonst wo auf der Welt – die hei­ligen Hallen in Zuffenhausen eingeschlossen.

In 4000 Stunden Handarbeit werden aus Oldtimern wieder Neuwagen

Allerdings werden sie nicht gehegt und gepflegt, poliert und konserviert, wie es verdienten Klassikern gebührt. Hier wer­den in einer gut geölten Zeit­maschine in zum Teil 4000 Stunden Handarbeit aus Oldtimern wieder Neuwagen: Ausgebeint bis auf die Rohka­rosse stehen ein Dutzend Elfer auf den Hebebühnen, in der Halle nebenan warten noch einmal doppelt so viele Fahr­zeuge, die Schritt für Schritt wieder zu einem Auto werden.

Ultimativer Luxus: Singers Porsche 964 für die Elite (2)

Die Stoppuhr darf für den Einsatz bei Klassik-Rallyes nicht fehlen.

Bild: Singer Motors Limited

Bis dahin wirkt die Halle noch unverdächtig wie eine klassische Oldtimer-Werkstatt, nur halt ein bisschen größer. Aber, hey, ist in den USA nicht alles eine Nummer größer? Doch wer genau hinschaut, der sieht nicht nur, wie Sattler am Leder schneiden und Näherinnen mit flinken Fingern ge­schickt ihre zierenden Stiche setzen, sondern entdeckt dazwischen auch verdächtig viele Carbonteile, nagelneue Bremsen, frische Federn, un­gewöhnlich dicke Kabelbäume sowie Bildschirme und Boxen, wie sie zu Zeiten des 964 noch nicht erfunden waren. Spätestens jetzt ist klar, dass hier nicht nur restauriert, sondern modernisiert wird.

"Willkommen bei Singer", sagt Hausherr Rob Dickinson, der vor bald 20 Jahren mit dem festen Plan aus London an die amerikanische Westküste ge­kommen ist, um hier in Los An­geles zum Rockstar zu werden. Seine Karriere als Musiker ist zwar im Sande verlaufen. Statt­dessen rockt er aber die Porsche-Sze­ne. Und während die einen ihn lieben wie Bruce Springsteen oder Mick Jagger, wünschen ihn die andren zum Teufel, als wäre er ein zweitklassiger Bier­zelt-Sänger.

"Erlaubt ist, was schnell macht"

Dabei macht Dickinson aus seiner, nun ja, eher lässigen Ein­stellung zur Originalität keinen Hehl. Klar sei der 911 für ihn der beste Sportwagen aller Zeiten. Aber jede Generation sei eben nur so gut wie ihre Zeit – und könnte heute um so vieles bes­ser sein. Für ihn ist es deshalb kein Schaden, dass seine Autos mit dem Original nicht viel mehr gemein haben als Silhou­ette, Antriebslayout – und das Ideal vom schnellen Fahren. "Aber genau darum geht es doch bei einem Sportwagen", sagt Dickinson: "Erlaubt ist, was schnell macht", zitiert er sein Motto. "Wir nehmen aus der gesamten Modellgeschichte die besten Komponenten und haben diese, wo nötig, sogar noch einmal weiterentwickelt."

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Das Innenleben des Singer-Porsche stammt inklusive Klimaanlage und Radarwarner überwiegend aus der Jetztzeit.

Bild: Singer Motors Limited

Für den 964 hat er sich des­halb entschieden, weil der zwischen 1989 und 1994 zwar oft gebaut, aber lange Jahre wenig geliebt wurde und deshalb günstig zu haben war. Und weil es eben der Elfer in der schier ewigen 911-Historie war, mit dem er als junger Autofahrer aufgewachsen ist.

Im ganzen Land kauft er des­halb mittlerweile Gebrauchte jedweden Zustands auf und lässt die von einem Partner vor den Toren der Stadt ausschlach­ten. Schließlich soll in seiner neuen Fabrik in Torrance alles schön sauber bleiben. Während der rund 1500 plötzlich ziemlich überflüssige Teile entsorgt, ver­wertet, verkauft oder verwahrt, beginnt das Puzzle für Singer mit rund 500 originalen Teilen von der Bodengruppe bis zum Grundmotor und jeder Menge moderner Zutaten von Neuem.

Autos auf Monate, teilwei­se sogar Jahre ausverkauft

Ist das wirklich Frevel? Für Dickinson natürlich nicht, zu­mal er Porsche sogar auf seiner Seite weiß und von der Motor­sport-Truppe einige Teile ge­liefert bekommt. Außerdem schmückt er seine Autos nicht mit fremden Federn, sondern geht auf seiner Website mit sei­tenlangen Haftungsausschlüs­sen auf juristische Distanz zu den Schwaben und schreibt dick und fett "Re-Imagined" unter das Logo – neu ersonnen.

Und selbst wenn ihn seine Fein­de einen Frankenstein nennen, kann er von seinen Fans offen­bar gut leben. Schließlich sind seine Autos auf Monate, teilwei­se sogar Jahre ausverkauft – und das, obwohl ihre Preise oft ge­nug ins Siebenstellige gehen.

Wer darüber nur ernst genug mit ihm diskutiert, der be­kommt als ultimatives Argu­ment einen Zündschlüssel: Mach dir doch einfach selbst ein Bild. Wie gut, dass gera­de eine "Park City Commission" in Grau auf die Durchsicht war­tet, um dann in die Drittverwer­tung zu gehen.

Sechs Zy­linder, 3,8 Liter Hubraum und 350 PS

Seine Karosserie ist im Stil des Urmodells mit neuem Fi­nish aus Carbon gebacken, der Rahmen ist weitgehend neu und gründlich verstärkt, es gibt eine Elektronik aus der Jetztzeit samt leistungsstarker Klima­automatik, verstecktem Info­tainment und sicherheitshalber auch einem Radarwarner.

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Im Heck sägt ein Cosworth-Motor mit sechs Zylindern und vier Litern Hubraum. Leistung: fast 400 PS bei weit über 10.000 Touren.

Bild: Singer Motors Limited

Und wenn der in Anlehnung an die legendären Modelle mit dem Entenbürzel selbst entworfene Heckspoiler ausfährt, sieht man darunter einen blitzblank po­lierten Boxer, den Rennmoto­renspezialist Cosworth in Eng­land binnen sechs Monaten frisch gemacht hat: Sechs Zy­linder, 3,8 Liter Hubraum, viele Bauteile aus Porsche-Rennmotoren und die Ventile aus dem 993 RS – das reicht für ein sensationelles Sägen schon im Leerlauf, für Drehzahlorgien bis weit über 10.000 Touren und vor allem für 350 PS.

Wem das noch nicht genug ist, der bekommt seit ein paar Jahren auch eine Hubraumer­weiterung auf vier Liter, womit dann fast 400 PS und Sprintwerte von kaum mehr als drei Sekunden auf 100 km/h drin sind. Und mit den riesigen Trö­ten auf den Zylindern sieht der Motor obendrein auch noch besser aus. Wer noch ein Renn­fahrwerk einbauen lässt und bedenkt, dass die Neuinterpretation mit dem ganzen Carbon-Gedöns etwa 200 Kilogramm leichter ist als das Original, der weiß, weshalb Dickinsons Kun­den die Rundstrecke gern zu ihrer zweiten Heimat machen.

Schon ein paar Kurven lassen Vorbehalte schwin­den

Aber man muss nicht bis nach

Laguna

Seca fahren, um dem Reiz des Restomods zu er­liegen. Schon die paar Kurven in den Hügeln von Palos Verdes zwischen dem neuen Stamm­sitz in Torrance und Long Beach lassen Vorbehalte schwin­den.

Spätestens weiter im Süden, in den Canyons des Orange County, geht der Singer-Rock direkt ins Blut, und alle Zweifel werden weggespült von Adre­nalin, Benzin und dem Schweiß, den selbst eine tiefkühlende Klimaanlage nicht getrocknet bekommt.

Im zähen Verkehr durch Costa Mesa oder Huntington Beach bewundert man noch die vielen liebevollen Details – den stromlinienförmigen Deckel des Zentraltanks draußen zum Beispiel oder die aus Leder gewobenen Matten der Türverkleidung drinnen. Aber so­bald die Strecke frei ist, konzentrieren sich alle Sinne aufs Fahren: analog, anarchisch und aggressiv, rau und rotzig wie ein Rockstar in den besten Jahren.

Nein, keine Einwände, Mr. Dickinson

Der 964er fährt so, wie ein alter Porsche eben fahren muss. Und trotzdem ist er so hand­zahm, wie es selbst verwöhnte Amerikaner von einem moder­nen Porsche erwarten, den Si­cherheitsgewinn des Allradan­triebs und der Carbonbremsen inklusive. Selbst den endlosen Stop-and-go-Verkehr zurück ins Werk meistert der moderni­sierte Klassiker jetzt ganz klag­los. Nein, keine Einwände, Mr. Dickinson, meinen Segen ha­ben Sie. Und den von bald 1000 Kunden, von denen die meisten noch auf ihr Auto warten.

Aber auch wenn das Ge­schäft mit dem 964er für Singer augenscheinlich so rund läuft wie der Motor im Heck unseres Testwagens, die 200 Mitarbeiter in der erst im letzten Som­mer bezogenen Fabrik gut zu tun haben und ein Drehzahl­abfall angesichts der vollen Orderbücher offenbar nicht zu befürchten ist, denkt Mr. Singer schon wieder weiter.

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Eigentümer Rob Dickinson lässt unter dem Label Singer gebrauchte 911er der Baureihe 964 in nagelneue Schätzchen verwandeln.

Bild: Singer Motors Limited

So wie Dickinson beim 964 immer die Zukunft im Blick hat, so macht er es auch bei seinem Unter­nehmen und weitet das Reper­toire sukzessive aus: Im letzten Frühjahr hat er sich erstmals eines 964 Turbo angenommen, mittlerweile gibt's seine Autos auch als Cabrios, und in diesem Sommer hat er eine noch wil­dere Variante des Turbo auf die Räder gestellt – so schreibt er eine Hit-Single nach der anderen und ist noch lange nicht fertig mit seinem 964-Album. "Ein paar Sachen spuken mir schon im Kopf herum", lässt er durchblicken. "So schnell gehen uns die Ideen nicht aus."

Aber auf ewig die gleichen Riffs zu rocken, das ist einem wie Rob Dickinson dann doch zu langweilig. Deshalb schlägt er schon ganz leise neue Töne an: Der nächste Schritt könnte zwar erst einmal zu einer neuen Porsche-Baureihe führen oder zu einer anderen Marke. Doch so, wie jeder Musiker von einer eigenen Band träumt, liebäugelt auch Dickinson mit einem völ­lig eigenständigen Auto und plant seine Solokarriere. "Nach so vielen Jahren ist unsere Kun­denbasis groß und unser Name stark genug, sodass wir nicht mehr zwingend auf das Label Porsche angewiesen sind.

Fazit

von

Thomas Geiger

Mit immensem Aufwand und einer schon fast zwanghaften Liebe zum Detail erweckt Rob Dickinson alte Porsche zu neuem Leben. Damit wurde Singer zu Vorbild und Initialzündung einer ganzen Szene.

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Author: Madonna Wisozk

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